Von Senioren für Senioren / Teil 1

Von Senioren für Senioren
Unsere Seniorinnen und Senioren wurden in der letzten Ausgabe eingeladen, Kochrezepte und selbst geschriebene Geschichten einzureichen. Wir von der Seniorenbetreuung haben bereits einige Zuschriften erhalten und möchten Sie trotzdem nochmals aufmuntern, sich aktiv an unseren beiden Projekten zu beteiligen. Sie werden beim Erhalt eines fertig gestalteten Senioren-Kochbuches und den veröffentlichten Geschichten begeistert sein. Wir danken Ihnen für Ihr aktives Mitwirken bereits im Voraus. Sollten Sie Hilfe beim Verfassen benötigen, so melden Sie sich bitte bei uns.
Kochbuch
Bitte senden sie Ihre Rezepte, handgeschrieben oder gedruckt, an Liselotte Bloch, Bienenweg 4, 4105 Biel-Benken, oder per Mail an
Geschichten
Gerne nimmt Markus Jenni, Therwilerstrasse 14, 4105 Biel-Benken weitere Geschichten entgegen.
Nachstehend freut es uns, den ersten Beitrag, geschrieben von Monika Hofmann zu veröffentlichen. Ihr gilt im Namen von uns allen ein grosses Dankeschön. Wir hoffen, dass auch Sie den Tatendrang verspüren, selbst eine Geschichte zum Gelingen unserer Aktion beizutragen. Die Leserinnen und Leser sowie das Betreuerteam freuen sich auf Ihren Beitrag.
Besuch bei meinen Grosseltern - stets ein Erlebnis
Ich erinnere mich noch gut daran, wenn meine Eltern am Sonntag vorschlugen, meine Grosseltern zu besuchen. Das war für mich und meinen Bruder immer wieder eine willkommene Abwechslung. Ich liebte es über alles, meine Nonna und meinen Nonno zu besuchen. Mein Nonno wusste so viele spannende Geschichten, die er in seinen früheren Jahren erlebt hatte, zu erzählen. Ich kroch ihm dann auf seinen Schoss und hörte ihm gebannt zu. Als in der Fabrik, in der er als Elektriker arbeitete, Feuer ausbrach, sprang er einem Arbeitskollegen, dessen Kleidung brannte zu Hilfe, indem er ihm eine Decke überwarf. Dabei zog er sich selbst im Gesicht Verbrennungen zu. Anschliessend stieg er auf sein Fahrrad und fuhr nach Hause. Nonna war zutiefst erschrocken und rief sofort nach einem Arzt. Dieser meinte, dass viele Narben im Gesicht zurückbleiben werden. Doch damit wollte sich Nonna nicht abfinden. Sie wusste von einer alten Frau, die sich mit Naturkräutern gut auskannte. Sie liess eine Salbe mischen und strich jeden Tag Nonnos Gesicht damit ein. Und so kam es, dass keine Narbe im Gesicht von Nonno zurückblieb.
„Nonno, Nonno bitte noch eine Geschichte“, ja, und geduldig wie er war, erzählte er eine weitere Episode aus seinem Leben. Obwohl ich diese schon mehrmals hörte, lauschte ich gespannt seiner Erzählung. Er war inzwischen bei der SBB als Elektriker angestellt. Der Gotthardtunnel wurde mit Leitungen für den Zugverkehr ausgestattet. Sobald ein Zug in Anfahrt war, wurden die Arbeiter mit einem Signal gewarnt und mussten sich zum Schutz vor dem Zug in eine Nische stellen. Doch einmal ertönte das Signal zu spät und der Zug war bereits im Anrollen. Da nicht mehr genug Zeit war um in einer Nische Schutz zu finden, befahl Nonno seinen Arbeitskollegen sich zwischen die Gleise zu legen und den Kopf mit den Armen zu schützen bis der Zug darüber gerollt ist, dann erst durfte man den Kopf wieder heben. Doch ein Kamerad hat sich nicht daran gehalten, hat sich zu früh aufgerichtet und wurde so vom rollenden Zug getötet. Allen andern ist zum Glück nichts passiert.
Meine Nonna war eine faszinierende Persönlichkeit. Ich vergesse nie, wie sie majestätisch in ihrem grossen Sessel sass und ihre geschwollenen Füsse auf einem kleinen Schemel ruhten. Ich bewunderte ihr schneeweisses, welliges zu einem Knoten gebundenem Haar. Sie war eine gepflegte und schöne alte Frau.
Ganz besonders freuten sich mein Bruder und ich, wenn wir am Sonntag zusammen mit den Eltern zum Mittagessen zu Nonna und Nonno eingeladen wurden. Wenn Nonna ihren Rindsbraten mit Polenta kochte, konnten wir davon nicht genug bekommen. Nonna bereitete den Rindsbraten und Nonno rührte geduldig in einem grossen Kupferkessel, der auf dem Gasherd stand, die Polenta. Für mich war Nonna die beste Köchin der Welt!
Da ich meine Grosseltern so sehr bewundert und geliebt habe, wusste ich schon als junges Mädchen, wenn ich einmal Grossmami werde, dann möchte ich für meine Grosskinder ein Grossmami sein, wie das Nonna und Nonno für mich waren. Ob es mir gelungen ist, müssten jetzt meine Grosskinder beantworten.
Monika Hofmann
Bereitgestellt: 26.04.2021